Bei diesem Dokument handelt es sich um eine Marketingmitteilung.

Blickpunkt Immobilien: Korrektur im Schritttempo

Wohneigentum in Österreich ist auch zu Jahresbeginn billiger geworden, auch wenn sich die Preiskorrektur im ersten Quartal nur im Schritttempo vollzogen hat (Q1: -0,6 % p.q.). Gleichzeitig sinken die EZB-Leitzinsen. Läutet die Zinswende nach unten damit auch das Ende der Preisrückgänge ein? Wir denken nicht. Die Preise dürften weiter zurückgehen (jedoch nach wie vor nicht im Neubausegment), da selbige und fundamentale Rahmenbedingen wie Zinsen und Einkommen noch nicht zusammenpassen. Gleichwohl dürfte sich die Korrektur auch in Zukunft im Schritttempo vollziehen. Das heißt aber auch: Es dauert entsprechend länger, bis die "Startvoraussetzungen" für wieder steigende Preise erreicht worden sind, da nun ein (noch) größerer Teil der "Anpassungslast" auf den Einkommensanstiegen bzw. der Inflation liegt.

Immobilienpreise in Q1 2024: Fortgesetzter, aber (wieder) verlangsamter Preisrückgang

Auch zu Jahresbeginn ist Wohneigentum in Österreich günstiger geworden. Denn wie aus den am vergangenen Mittwoch (29. Mai) veröffentlichten Daten zum OeNB-Immobilienpreisindex (Transaktionspreise) hervorgeht, sind die Wohnimmobilienpreise im ersten Quartal österreichweit um 0,6 % p.q. zurückgegangen. Das zwischen Jänner und März verzeichnete Minus ist damit das sechste in Folge. Das bedeutet aber auch: Die Talfahrt hat sich wieder verlangsamt, ging es im Schlussquartal des Vorjahres doch etwas stärker bergab (Q4 23: -1,4 % p.q.). Der Preisrutsch des vierten Quartals war damit nicht Auftakt zu einer beschleunigten Preiskorrektur, nachdem sich diese über weite Strecken (Q1-Q3) des Jahres 2023 nur im Schrittempo vollzogen hat. Vielmehr scheint der Markt dort weiterzumachen, wo er in Q3 2023 aufgehört hat. Die Zeitlupen-Korrektur ist folglich in die nächste Runde gegangen, seit dem Aufkommen des doppelten Gegenwinds bestehend aus Zinswende und regulatorischer Zeitenwende (KIM-V) ist Wohneigentum damit nur um überraschend moderate 4,9 % billiger geworden (Preisrückgang seit dem Höhepunkt Q3 22). Einen insbesondere Mitte/Ende 2022 vielfach befürchteten Einbruch der Immobilienpreise hat es - wie von uns erwartet - also nicht gegeben, und wird es wohl auch in Zukunft nicht geben.


Immobilienpreise Österreich: Quartalswachstum (% p.q.)*
* OeNB-Immobilienpreisindex
Quelle: OeNB, RBI/Raiffeisen Research

Immobilienpreise in Q1 2024: Zweitelung des Marktes in zweifacher Hinsicht

Doch auch zu Jahresbeginn 2024 hat sich gezeigt: Immobilien sind nicht gleich Immobilien. Das betrifft zum einen die unterschiedliche Preisentwicklung neuer und gebrauchter Immobilien. Während sich neue Wohnungen auch in Zeiten der Zinswende verteuert haben, wurden gebrauchte Wohnungen seit Mitte 2022 deutlich billiger. Daran hat sich zumindest abseits der Bundeshauptstadt auch in Q1 24 nichts geändert. Zwar sind dort gebrauchte Wohnungen erstmals seit Q2 2022 wieder teurer geworden (+0,6 % p.q.), was wir jedoch eher für einen Ausreißer halten. Der Preisanstieg neuer Wohnungen von satten 2,0 % p.q. stellt das Mini-Plus am Gebrauchtwohnungsmarkt aber klar in den Schatten. Dass sich beim Blick auf die Immobilienpreise insgesamt bisher nur eine sehr moderate Korrektur zeigt, ist somit auch der sehr speziellen Preisentwicklung von Neubauwohnungen geschuldet. Die hohen Baukosten dürften maßgeblich dafür sein. Diese "Zweiteilung" des Marktes ist ein Trend, der wohl gekommen ist, um zu bleiben und daher auch das Jahr 2024 prägen wird. Denn einerseits stehen wir vor Jahren mit deutlich niedrigeren Fertigstellungszahlen. Und andererseits ist mit Blick auf die Baukosten angesichts deutlicher Lohnanstiege, die rückläufige Materialkosten ausgleichen, zumindest kurz- und mittelfristig keine Entspannung zu erwarten. Neubauwohnungen sollten also auch in Zukunft nicht billiger werden.

Die Zweiteilung des Marktes gilt jedoch auch mit Blick auf die unterschiedliche Preisentwicklung in Wien und im restlichen Bundesgebiet. Während Wohneigentum in der Bundeshauptstadt zu Jahresbeginn ein doch überraschend deutliches Minus von 2,1 % p.q. verzeichnet hat, sind die Immobilienpreise im Rest Österreichs sogar leicht angestiegen (+0,5 % p.q.). Es ist also der Wiener Markt, der für das gesamtösterreichische Minus im ersten Quartal verantwortlich ist. Damit hat sich der seit Ende 2022 vorherrschende Trend in Q1 fortgesetzt. Denn seit der Zeitenwende auf dem Immobilienmarkt (EZB-Zinserhöhungen plus KIM-V) sind die Preisrückgänge auf dem Wiener Markt deutlicher ausgefallen als außerhalb der Hauptstadt (Q3 22-Q1 24: W: -7,4 %; Ö exkl. W: -3,0 %). Auch Neubauwohnungen sind in den letzten Quartalen in Wien - anders als im restlichen Bundesgebiet - billiger geworden.


OeNB Immobilienpreisindex seit Beginn der Korrektur
Quelle: OeNB, RBI/Raiffeisen Research

Dieser Umstand ist nicht zuletzt eine Konsequenz der Beschaffenheit des Wiener Marktes, welche wir bereits vor einem Jahr in einer Publikation unter die Lupe genommen haben. In Wien lag die Eigentumsquote 2021 bei 19,3 %, während im Rest Österreichs viel häufiger in den eigenen vier Wänden gewohnt wird (die bevölkerungsgewichtete Eigentumsquote lag 2021 bei 56 %). Der/die durchschnittliche Nicht-Wiener Immobilienbesitzer:in ist daher wohl in geringerem Maße bereit, sich den neuen Realitäten (=niedrigere Verkaufspreise als bis Mitte 2022 möglich) zu stellen und wird daher eher seine/ihre Verkaufsabsichten aufschieben oder gar keine Verkaufsabsichten haben, da es sich um die selbstgenutzte Immobilie handelt. In Wien ist die Situation anders: Der Anteil institutioneller Investoren ist größer und der Markt effizienter und liquider. In Wien ist also sowohl die Rationalität der durchschnittlichen Besitzer:innen höher, gleichzeitig ermöglicht es die höhere Liquidität des Marktes, die Veräußerung einer Immobilie bei Vorhandensein von Verkaufsabsichten zeitnah umzusetzen. Ein deutlicherer Preisrückgang als im Rest Österreichs bedeutet gleichzeitig daher auch, dass Wohnimmobilien in der Bundeshauptstadt schneller wieder die Voraussetzungen für neuerliche Preisanstiege erreichen werden.

Ausblick 2024: Markt noch nicht im Gleichgewicht, Korrektur im "Schritttempo" sollte sich fortsetzen

Nach der zwischenzeitlichen (Q4 23) Beschleunigung hat sich die Preiskorrektur auf dem österreichischen Wohnimmobilienmarkt zu Jahresbeginn also wieder im Schritttempo vollzogen. Gleichzeitig wird die EZB wohl morgen (6. Juni) erstmals wieder die Zinsen senken. Ist die Preiskorrektur damit wieder vorbei, bevor sie überhaupt richtig begonnen hat? Wird nun alles wieder gut?

Für Entwarnung ist es unserer Meinung nach noch zu früh. Ende 2023 wechselten um 42 % weniger Immobilien den Besitzer als in Q2 22, also am Vorabend der Zinswende. Der Markt befindet sich somit weiterhin in einer Findungsphase, in der die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern auseinanderklaffen und daher weniger Transaktionen zustande kommen. Der auch im Europavergleich beachtliche Einbruch der Transaktionen ist denn auch ein Grund für die nur geringen Preisrückgänge: (Potenzielle) Verkäufer können oder wollen ihre Verkaufspreisvorstellungen nicht an die geänderten Rahmenbedingungen anpassen, (potenzielle) Käufer wiederum können angesichts gestiegener Kreditzinsen nicht die Preise aus Zeiten vor der Zinswende bezahlen. Angebot und Nachfrage werden wieder zueinander finden. Das setzt aber voraus, dass die Preise wieder zu den fundamentalen Rahmenbedingen wie Zinsen und Einkommen passen. Und das ist derzeit noch nicht der Fall.

Denn gehen die Immobilienpreise nicht weiter zurück, müsste ein Durchschnittshaushalt bei kreditfinanziertem Erwerb eines durchschnittlichen österreichischen Einfamilienhauses (30 Jahre Laufzeit, 90 % Beleihungsquote) und dem aktuellen variablen Zinssatz 45 % seines Nettoeinkommens für den monatlichen Schuldendienst (Zinsen und Tilgung) einplanen. Das ist zwar schon etwas weniger als im Vorjahr, als der Durschnittshaushalt fast die Hälfte (48 %) seines Monatsverdienstes für den Traum vom Eigenheim hätte aufbringen müssen, wodurch der Traum vom Eigenheim für den Durchschnittshaushalt auch ein solcher geblieben ist (siehe Einbruch der Transaktionen). Wirklich leistbar ist Wohneigentum damit aber (noch) nicht geworden.

Doch was ist mit den Zinssenkungen? Der Entlastungsspielraum ist wohl geringer als vielfach gedacht. Zinssenkungen hin oder her: Der zinsseitige Gegenwind bleibt auch 2024 beträchtlich, variable Kreditzinsen dürften im Jahresdurchschnitt kaum niedriger sein als im Vorjahr. Denn auf die schnellen und kraftvollen Zinserhöhungen werden keine ebenso schnellen und kraftvollen Zinssenkungen folgen. Nach vielen Jahren der Null- und Negativzinsen als scheinbar neuer Normalität dürften viele Haushalte jedoch genau darauf spekulieren. Zwar berichtete im ersten Quartal gemäß OeNB/EZB Bankenumfrage (BLS - Bank Lending Survey) erstmals seit der Zinswende wieder eine Mehrheit der befragten Banken von gesteigertem Kundeninteresse nach Wohnbaukrediten. Allerdings: Größter Treiber dafür war die Erwartung niedrigerer Zinsen.

Die Zeit sinkender Preise ist damit wohl noch nicht vorbei. Gleichwohl sollte es bei einer Korrektur im Schrittempo bleiben. Immerhin deutet derzeit wenig auf ein Anziehen der Transaktionen hin, weshalb die Findungsphase länger andauern dürfte als erwartet. Käufer und Verkäufer können bzw. wollen sich (noch) nicht bewegen. In Summe erwarten wir daher nur mehr eine insgesamten Preiskorrektur von mindestens 5 % (Rückgänge auf Gesamtjahressicht 2023/24, zuvor: bis zu 10 %), wobei das Minus heuer größer ausfallen dürfte als im Vorjahr, als Wohneigentum kaum billiger geworden ist (-1,6 %). Doch es kann auch anders kommen: Sollten im Jahresverlauf wieder spürbar mehr Immobilien den Besitzer wechseln, kann dies nur zu niedrigeren Preisen geschehen. Steigende Transaktionszahlen würden daher mit (stärker) sinkenden Preisen einhergehen. In jedem Falle gilt aber: Wir befinden uns 2024 weiterhin in einem Käufermarkt, vielen Verkaufsinteressenten stehen nur wenige Kaufwillige gegenüber. Die Verhandlungsposition potenzieller Käufer ist also günstig.

Nicht Preis- und Zinsrückgänge, sondern Inflation trägt großteil der "Anpassungslast"

Nach wie vor halten wir aber einen realen Preisrückgang von insgesamt 20 % für notwendig, damit der Markt wieder zu nachhaltigen (gleichwohl moderaten) Preisanstiegen übergehen kann (siehe hier). Denn mit der Erfahrung, dass Immobilienpreise nach einer längeren Phase des Steigflugs auch sinken können, ist Österreich natürlich nicht alleine. Und bereits mehr oder weniger lange vor der Zinswende zu Ende gegangene Immobilienzyklen, die in etwa vergleichbar sind mit dem österreichischen (nur leichten Fehlentwicklungen), haben im Durchschnitt nach Erreichen des preislichen Höhepunktes eine reale Preiskorrektur von 20 % erfahren. Ein geringeres nominales Minus als zuvor erwartet impliziert daher: Es dauert entsprechend länger, bis die "Startvoraussetzungen" für wieder steigende Preise erreicht worden sind, da nun ein (noch) größerer Teil der "Anpassungslast" auf den Einkommensanstiegen bzw. der Inflation liegt. Konkret rechnen wir nach stagnierenden Preisen im kommenden Jahr frühestens 2026 damit, dass Wohneigentum österreichweit (nominal) wieder teurer wird. Das Ende der Preisrückgänge bedeutet also nicht automatisch den Beginn neuerlicher (nachhaltiger) Preisanstiege. Es ist gewissermaßen wie bei einem Autorennen. Wer nur Schrittempo fährt, erreicht zwar auch das Ziel, braucht aber eben länger als die schneller fahrenden Mitbewerber.


Kreditrate im Jahr des Kaufs - in % des Netto-Haushaltseinkommens
Basis: Kaufpreise Einfamilienhäuser in Österreich (m2-Transaktionspreis x durchschnittl. Größe in m2); Netto-Haushaltseinkommen (Median) der Immobilienbesitzer gemäß EU-SILC, finanzielle Belastung im Jahr des Kaufs bei variabler Kreditfinanzierung (Beleihungsquote 90 %, 30J Laufzeit)
Quelle: OeNB, LSEG, Eurostat (EU-SILC), Statistik Austria, RBI/Raiffeisen Research

Es sind demnach weniger sinkende Zinsen oder sinkende Preise, sondern vielmehr die Inflation bzw. die Einkommensanstiege, die Immobilien wieder leistbarer machen werden (2026: 36 % des Netto-Haushaltseinkommen für den monatlichen Schuldendienst). Die nominalen Haushaltseinkommen dürften zwischen 2023 und 2026 um fast ein Viertel ansteigen. Die auch 2025 und 2026 noch deutlich höheren Kreditzinsen als vor der Zinswende sind also allein aufgrund der zwischenzeitlichen Einkommensanstiege leichter zu schultern. Die hohe Inflation war somit gestern eine Belastung für die Haushalte, verbessert aber heute, morgen und übermorgen aufgrund steigender Löhne die Leistbarkeit von Wohneigentum.

Wohnraumknappheit: Mittelfristig (auch) ein Grund für wieder moderat steigende Preise

Das Umfeld bleibt also zumindest heuer noch herausfordernd. Gleichzeitig sind die mittel- bis langfristigen Perspektiven (d.h. nach der notwendigen Anpassungsphase) für den österreichischen Wohnimmobilienmarkt günstig. Und das liegt nicht zuletzt am Zusammenspiel von fundamentalem Angebot und fundamentaler Nachfrage. Der demografische Rückenwind für den Immobilienmarkt lässt zwar nach, ist aber weiterhin vorhanden. Gleichzeitig stehen wir vor Jahren mit deutlich niedrigeren Fertigstellungszahlen. Bereits 2022 ist die Zahl der genehmigten Bauvorhaben deutlich zurückgegangen, im Jahr 2023 kam es dann zur abrupten Vollbremsung, wie die Ende April veröffentlichten Zahlen der Statistik Austria gezeigt haben. Immerhin sanken die Baugenehmigungen für Wohneinheiten auf ein historisches Tief von 46.600, was einen Einbruch von 27 % gegenüber 2022 und 46 % gegenüber dem im Jahr 2017 verzeichneten Allzeithoch bedeutet. Dieser prononcierte Rückgang ist der stärkste seit Beginn der Datenerhebung.

Die deutlich gesunkenen Baugenehmigungen werden sich in vollem Umfang erst heuer und in den Folgejahren in den Fertigstellungszahlen widerspiegeln. Wir stehen somit vor Jahren, in denen dem Markt spürbar weniger neuer Wohnraum zugeführt werden wird. Die in vielen Ballungszentren jetzt schon bestehende Wohnraumknappheit wird daher weiter zunehmen. Das sollte in der laufenden Korrekturphase die Preisrückgänge nach unten begrenzen und in weiterer Folge wieder (moderat) steigende Preise begünstigen.


Ö: Baugenehmigungen & Fertigstellungen (Prognose)
Quelle: Statistik Austria, RBI/Raiffeisen Research
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Matthias REITH

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Matthias Reith blickt auf mehr als 10 Jahre Erfahrung bei Raiffeisen Research zurück. Damals wie heute ist er verantwortlich für die Analyse der österreichischen Volkswirtschaft, im Jahr 2020 hat er zudem maßgeblich das österreichische Bundesländer-Immobilienresearch mit aufgebaut. Ferner befasst sich Matthias Reith mit anderen Euroländern sowie der gesamten Eurozone und nimmt dabei neben der Konjunktur insbesondere die Fiskalpolitik ins Visier. Matthias Reith kann neben regelmäßiger Vortragstätigkeit auch mehrjährige Unterrichtserfahrung vorweisen. Wandern zählt zu seinen Hobbys, das Land seiner schwerpunktmäßigen Analyse hat Matthias Reith zu Fuß von Ost nach West durchquert.

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Fabian BLASCH

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Fabian Blasch ist seit Oktober 2022 ein Teil des Raiffeisen Research Teams. Seine Abschlüsse in Statistik und Economics ermöglichen es ihm, vorwiegend quantitative Analysen durchzuführen. Neben seinem Interesse an ökonomischen Zusammenhängen nutzt er sein Fachwissen auch, um Einblicke in den österreichischen Immobilienmarkt zu generieren. In seiner Freizeit geht Fabian im Sommer gerne Windsurfen und im Winter Skifahren.