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Blickpunkt Österreich: Was hat den Sparer:innen die Zinswende gebracht?

Österreichs Haushalte gehen beim Sparen bekanntlich gern auf Nummer sicher. Mehr als jeder dritte Euro (36 %) der Ersparnisse lag im Vorjahr auf Sparbüchern, Festgeld-, Tagesgeld- und Girokonten – mehr als in vielen anderen Euroländern. Die Folge: Österreichische Sparer:innen gehören im Euro-Vergleich zu den großen Gewinnern der Zinswende, auch weil innerhalb der sicheren Veranlagung deutlich umgeschichtet worden ist. Allein bis Ende 2023 beliefen sich die Zinsgewinne auf EUR 729 pro Haushalt. Das ändert aber nichts daran, dass die Sparguthaben auch 2023 real deutlich an Wert verloren haben, zwischen 2013 und 2023 beliefen sich die Kaufkrafteinbußen der Sparguthaben auf EUR 18.300 pro Haushalt. Und auch die gesamten Ersparnisse haben in den letzten Jahren real an Wert verloren. Das ist einzigartig in Europa und liegt nicht zuletzt an der niedrigen Aktienquote.

Sparverhalten der österreichischen Haushalte: Sicherheit ist Trumpf

Österreichs Haushalte gehen beim Sparen bekanntlich gern auf Nummer sicher. Mehr als jeder dritte Euro (36 %) der Ersparnisse lag im Vorjahr auf Sparbüchern, Festgeld-, Tagesgeld- und Girokonten. Ein Wert, der in den zehn Jahren davor trotz Niedrig- bis Nullzinsen überraschend stabil geblieben ist. Dass es in den letzten zehn Jahren kein Land in der Eurozone gab, in denen die privaten Ersparnisse einen niedrigeren Ertrag abgeworfen haben als in Österreich, verwundert vor diesem Hintergrund kaum (siehe unten).

Anteil (%) Einlagen (tägl. fällig & sonstige) am gesamten Finanzvermögen der Haushalte
Quelle: OeNB, RBI/Raiffeisen Research

Nun sind die Zeiten der Nullzinsen für sichere Sparformen längst vorbei, nach dem schnellsten und kraftvollsten Zinserhöhungszyklus in der EZB-Geschichte, einem Zinserhöhungszyklus im „Zeitraffer“, wird die EZB heute (6. Juni) wohl erstmals wieder die Leitzinsen senken, wenn auch nur um 0,25 %. Was hat die „Rückkehr der Zinsen“ also den Sparer:innen gebracht? Und wie haben die Haushalte auf die Zinswende reagiert?

Gar nicht, könnte man meinen. Denn wie auch im Jahr vor der Zinswende (2021) hielten die Haushalte 2023 36 % ihrer Ersparnisse in sicheren Veranlagungsformen (täglich fällige Einlagen und sonstige Einlagen). Allerdings hat es „unter der Oberfläche“ sehr wohl Verschiebungen gegeben – und die waren beträchtlich. So wurden in Zeiten der Nullzinsen zusätzliche Ersparnisse und ausgelaufene Spareinlagen zumeist auf dem Girokonto belassen. Das war nur logisch, denn Nullzinsen sind Nullzinsen – egal ob auf dem Girokonto oder auf dem Sparbuch. Zwar waren auch in Zeiten negativer Leitzinsen mit Spareinlagen marginal positive nominale Zinserträge zu lukrieren. Realer Werterhalt war aber auch damit nicht einmal annähernd möglich. Die Folge: Lagen Ende 2012 noch ein Viertel (25,1 %) der Ersparnisse auf Sparbüchern und anderen Spareinlagen, waren es Ende 2022 nur mehr 11 %. Spiegelbildlich dazu wuchsen die auf (Giro-)Konten liegenden Beträge immer mehr an. Machten diese im vierten Quartal 2012 lediglich 14 % des Ersparten aus, waren es Q4 2022 26 %. Anfang 2023 setzte jedoch ein Umdenken ein: Raus aus niedrig verzinsten (Giro-)Konten, rein in höher verzinste Spareinlagen war das Motto der Haushalte im Jahr 2023. Während von den Konten EUR 21,6 Mrd. abgeflossen sind, wurden EUR 25 Mrd. in Spareinlagen angelegt, in beiden Fällen die höchsten Ab- bzw. Zuflüsse seit Beginn der Datenerhebung im Jahr 1999. Zwar wurden angesichts gestiegener Renditen auch (Unternehmens-/Staats-)Anleihen nach Jahren des Bedeutungsverlustes 2023 wieder stärker nachgefragt. Allerdings kamen auf einen Euro, den die Haushalte im Vorjahr direkt am Anleihemarkt investierten (exkl. Anleihefonds), fast vier Euro, die in Spareinlagen geflossen sind (EUR 6,6 Mrd. ggü. EUR 25 Mrd.). Sichere Sparformen stellen für die Haushalte also das Mittel der Wahl dar, um von der Zinswende zu profitieren.

Und das ist durchaus schade. Denn der Anleihemarkt ist derzeit aus langfristiger Veranlagungsperspektive durchaus attraktiv. Durch zu erwartende Kurssteigerungen bei Leitzinssenkungen in 2024 und 2025 kann es möglich sein in den kommenden Jahren Gesamtrenditen zu erwirtschaften, die jenem am Aktienmarkt (breit gestreut) ähneln. Investitionen privater Haushalte am Anleihemarkt sind damit derzeit durchaus stimmig, sollten aber kein Substitut für Aktieninvestitionen sein.

Sparverhalten in der Zinswende: Weg vom Girokonto, rein in gebundene Sparformen…aber nur wenig in Anleihen*
* Finanzvermögen der Haushalte: Anteil (%) am Bestand
Quelle: OeNB, RBI/Raiffeisen Research

Sichere Sparformen: Haushalte reagieren auf „Rückkehr der Zinsen“ *
* quartalsweise Zu- bzw. Abflüsse in EUR Mrd.
Quelle: OeNB, RBI/Raiffeisen Research

Österreichische Sparer:innen: Gewinner der Zinswende

Das Zinsniveau macht sich natürlich auch im Ertrag der Ersparnisse bemerkbar – im Guten wie im Schlechten. Denn während 2022 die Verzinsung der (Spar-)Einlagen und Anleihen quasi nicht existent war (0,2 % p.a. nominaler Ertrag auf tägl. fällige/sonst. Einlagen sowie Anleihen), ging es mit der Rendite 2023 steil bergauf: Ende des Vorjahres waren es bereits 1,5 % - so viel wie zuletzt im vierten Quartal 2012.

Haushalte: Nominale Verzinsung von Spareinlagen & Anleihen steigt wieder*
* Zinserträge der privaten Haushalte gemäß VGR in Relation zum Gesamtvolumen der in (tägl. fällig/sonstigen) Einlagen und Anleihen gehaltenen Ersparnisse der privaten Haushalte
Quelle: OeNB, Eurostat, RBI/Raiffeisen Research

Und das macht sich bemerkbar. Konkret bescherte die Zinswende den österreichischen Haushalten 2022 und 2023 zusätzliche (verglichen mit Zinsniveau Q4 2021) Zinseinkünfte (Einlagen, Anleihen) in Höhe von EUR 3 Mrd. Das entspricht im Durchschnitt immerhin EUR 729 pro Haushalt. Die österreichischen Sparer:innen gehören damit im Euro-Vergleich zu den großen Gewinnern der Zinswende. Denn nur in Belgien profitierten die Haushalte in noch stärkerem Maße (wobei nicht für alle Euroländer Daten vorliegen). Wie stark die Haushalte vom gestiegenen Zinsniveau profitieren, hängt zunächst davon ab, wie viel ihrer Ersparnisse in Einlagen oder Anleihen gehalten werden. Und das ist in Österreich (40 %) mehr als in den meisten anderen Euroländern. Nicht unwesentlich ist jedoch auch, wie viel davon auf geringer bis kaum verzinsten (Giro-)Konten liegt. Und das ist in Österreich mit 57 % (2023) wiederum weniger als in anderen Euroländern, aber eben mehr als in Belgien (2023: 18 %).


Österreichs Sparer:innen: Gewinner der Zinswende*
* 2022 und 2023 erzielter Mehrertrag pro Haushalt des in (tägl. fälligen/sonstigen) Einlagen und Anleihen gehaltenen Finanzvermögens verglichen mit der Verzinsung von Q4 2021, ohne Kursveränderungen
Quelle: OeNB, Eurostat, RBI/Raiffeisen Research

Realer Wertverlust der Ersparnisse - auch wegen niedriger Aktienquote

Am Umstand, dass die Haushalte auch im Vorjahr einen realen Wertverlust mit Sparbuch & Co erlitten haben, ändert das freilich nichts. Trotz gestiegener Zinserträge war das reale Minus sicherer Veranlagungsformen (und Anleihen) mit 6,2 % beträchtlich und nur unwesntlich geringer als 2022 (-7,7 %). Reale Wertverluste auf sichere Veranlagungen samt Anleihen waren in den letzten gut zehn Jahren dabei bekanntlich eher die Regel als die Ausnahme (2013-2013, nur Zinserträge, ohne Kurssteigerungen von Anleihen). Über die Jahre (2013-2023) summierten sich die Kaufkrafteinbußen der Sparguthaben (inkl. Anleihen) auf knapp EUR 74 Mrd. Das sind nicht weniger als 18.300 Euro pro Haushalt.

Österreich: Veranlagungsergebnisse der priv. Haushalte 2013-22 (nom. Rendite in ø % p.a.)
Quelle: Eurostat, Refinitiv, RBI/Raiffeisen Research

Nur etwas besser sieht es aus, wenn nicht nur die sicheren Veranlagungsformen der Haushalte berücksichtigt werden, sondern auch Aktien und Investmentfonds. Das ist schade. Denn Dividenden und Kurserträge bescherten den österreichischen Haushalten zwischen 2013 und 2022 satte nominale Aktienerträge von durchschnittlich 8,9 % p.a. und damit weit mehr als die Inflation (die Betrachtung inkl. Aktien ist aufgrund von Datenverfügbarkeit nur bis inklusive 2022 möglich). Dass die gesamten Ersparnisse der Haushalte trotzdem real an Wert verloren haben, liegt an der niedrigen Aktienquote. Etwa 5 % der Ersparnisse werden in Aktien gehalten (ohne Aktienfonds). Fast nirgendwo sonst in der Eurozone sind Aktien unbeliebter, auch wenn in den letzten Jahren verstärkt in Aktien investiert worden ist. Die Folge: In Westeuropa gibt es kein Land, in denen die Ersparnisse der Haushalte einen geringeren Ertrag abwerfen als in Österreich!

Veranlagungsergebnisse priv. Haushalte 2013-2022 (ø-Rendite, % p.a.)*
* Vermögenswerte priv. Haushalte (inkl. priv. Organisationen ohne Erwerbszweck) gemäß gesamtwirtschaftlicher Finanzierungsrechnung bestehend aus Bargeld, (tägl. fällige/sonstige) Einlagen, verzinslichen Wertpapieren, (börsennotierten u. nicht-börsennotierten) Aktien, Investmentfonds, (Lebens-)Versicherungsansprüchen, kapitalgedeckten Pensionsansprüchen, Ansprüchen ggü. betrieblichen Vorsorgekassen. Zinserträge (sowohl von Einlagen als auch verzinslichen Wertpapieren) gemäß VGR, Dividendenerträge wurden mit Dividendenrenditen der nationalen Aktienindizes (z.B. ATX) bzw. Euro Stoxx 50 (wenn keine Dividendenrenditen nat. Indizes verfügbar) approximiert.
Quelle: Eurostat, Refinitiv, RBI/Raiffeisen Research

Dass es auch anders geht, zeigt beispielsweise der Blick nach Finnland. Ein finnischer Haushalt hält gut 30 % seiner Ersparnisse in Einzelaktien. Die Haushalte im Norden Europas konnten somit in den letzten zehn Jahren mit ihren gesamten Ersparnissen jährlich ein reales Plus von über drei Prozent pro Jahr erzielen. Während also finnische (aber auch griechische oder irische) Haushalte ihr Geld für sich arbeiten lassen, arbeiten österreichische (und deutsche) Haushalte für ihr Geld (um den realen Wertverlust auszugleichen).

Je höher die Aktienquote, desto höher der Ertrag
Quelle: Eurostat, Refinitiv, RBI/Raiffeisen Research

Etwas mehr Risikofreude (=die einzelnen Anlageklassen haben die gleichen Gewichte wie in NL, GR, FR, IE) hätte den österreichischen Haushalten dabei in den letzten zehn Jahren einen zusätzlichen Ertrag von EUR 76 Mrd. beschert – das sind nicht weniger als 19 500 Euro pro Haushalt. Dass hierzulande Aktien nur ein Schattendasein fristen, ist dabei besonders bitter. Denn den damit einhergehenden unterdurchschnittlichen nominalen Erträgen der Ersparnisse steht die bekanntlich überdurchschnittliche Inflation gegenüber.

Fazit/Ausblick

Österreich ist und bleibt ein Land der sicherheitsorientierten Anleger und gehört damit - aus Sparer:innensicht - zu den großen Profiteuren der EZB-Zinswende. Pro Haushalt beliefen sich die Zinsgewinne bis Ende 2023 auf immerhin EUR 729. Allerdings ändert das nichst am Umstand, dass sichere Veranlagungsformen auch 2023 real deutlich an Wert verloren haben. Und auch die gesamten Ersparnisse haben in den letzten gut 10 Jahren real an Wert verloren. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Aktienquote im Euro-Vergleich zu den niedrigsten gehört. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Aktienquote in den letzten zehn Jahren und insbesondere seit Pandemiebeginn angestiegen ist (2018: 3,9 %; 2023: 6 % Aktienanteil am Bestand). Mit Blick auf den langfristigen Vermögensaufbau lassen die österreichischen Haushalte damit ein beträchtliches Ertragspotenzial ungenutzt. Denn spätestens seit der Eurokrise war realer Wertzuwachs nur mit einer höheren Beimischung von Aktien/Aktienfonds zu erzielen. Natürlich ist die Wahl der Sparform eine höchst individuelle. Gleichzeitig werden jedoch auf politischer Ebene keine Versuche unternommen, die Aktienquote zu erhöhen. Die KESt-Befreiung bei einer längeren Behaltedauer ist und bleibt daher ein notwendiger Schritt. Fast noch wichtiger ist jedoch die Betonung der Ertragspotenziale und Ertragsvorteile einer langfristigen und breit gestreuten Aktieninvestitionen. Gleichzeitig bietet sich auch im Bereich der festverzinslichen Wertpapiere Renditepotenziale, die von den österreichischen Haushalten aber nur unterdurchschnittlich (verglichen mit Spareinlagen) genutzt werden.

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Matthias REITH

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Matthias Reith blickt auf mehr als 10 Jahre Erfahrung bei Raiffeisen Research zurück. Damals wie heute ist er verantwortlich für die Analyse der österreichischen Volkswirtschaft, im Jahr 2020 hat er zudem maßgeblich das österreichische Bundesländer-Immobilienresearch mit aufgebaut. Ferner befasst sich Matthias Reith mit anderen Euroländern sowie der gesamten Eurozone und nimmt dabei neben der Konjunktur insbesondere die Fiskalpolitik ins Visier. Matthias Reith kann neben regelmäßiger Vortragstätigkeit auch mehrjährige Unterrichtserfahrung vorweisen. Wandern zählt zu seinen Hobbys, das Land seiner schwerpunktmäßigen Analyse hat Matthias Reith zu Fuß von Ost nach West durchquert.